25. 2. 22

 

 

Nun zum Eigentlichen: Mein Einsatz war in einem großen Versorgungszelt in Ahrweiler/Bad Neuenahr. Das Zelt und die Ausstattung wurden von einem Bauunternehmer aus Bonn gekauft und die ganze Verpflegung organisiert. Sämtliche Fachämter würden die Hände über den Kopf zusammenschlagen, wenn sie die Bedingungen im Zelt und rundherum sehen würden. Zum Glück geht es manchmal auch ohne Bürokratie. Neben der Verpflegung der Betroffenen ab Tag 3 nach der Flut (im Sommer durch Goulaschkanone und Frühstück im großen Pavillon) kommen viele Bauarbeiter. Die Helfer sind in 3 Schichten eingeteilt, jeweils mind. 2, max. 5, geöffnet ist von 8-20 Uhr. Morgens werden100 Brötchen geschmiert. Mittags kommen 250 Portionen Essen von einem Caterer, nachmittags werden selbstgebackene Kuchen gebracht oder durch Helfer Kuchenspenden von Bäckern, abends gibt die Reste. Das Mittagessen wird aus öffentlichen Spenden bezahlt, alles andere kommt aus privaten Sachspenden von Firmen, Supermärkten, Einzelpersonen… und das seit 8 Monaten. Ohne Privatinitiative würden im Flutgebiet bis heute nicht viel passieren.

 

Das Zelt ist ein Treffpunkt für die Menschen zu jeder Tageszeit zum Austausch untereinander, zum Kontakt mit den Helfern oder zur Flucht vor der Einsamkeit. Sie freuen sich über die Gespräche und dann hört man aus erster Hand die furchtbaren Erlebnisse. Da ist der junge Mann, der mit Frau und Baby auf dem Dach saß (sein Haus wurde abgerissen), die alten Leute, die alles verloren haben. Die einzige Tochter kam aus Italien zur Hilfe, fuhr wieder nach Hause und starb zwei Tage später am Herzinfarkt. Oder der Feuerwehrmann, der ein Auto aus dem Wasser zog und Mutter mit Kind fand. Ein Mann erzählte mir, dass er die Tiere schreien hörte und das noch immer nicht nicht ganz aus seinem Kopf raus ist. Eine Familie wollte mit dem Auto fliehen und saß schon im Auto. Ein Kind hatte sein Kuscheltier vergessen. Der Mann rannte ins Haus, als er wieder raus kam war Familie und Auto von der Flurt mitgerissen. Der Friedhof von Ahrweiler, gelegen direkt an der Ahr, war zu großen Teilen zerstört und sieht noch immer erschütternd aus. Man kann nicht garantieren, dass jedes Skelett wieder im richtigen Grab liegt.

 

In der schönen Altstadt von Ahrweiler sind alle unteren Etagen bescbädigt und die meisten noch unbewohnbar. Entlang der Ahr sind die Auswirkungen bis in 3 Parallelstraßen sichtbar.

 

Im ganzen Tal hat das THW 30 Brücken neu gebaut. In den oberen kleinen Dörfern ist bisher weit weniger aufgebaut und die Schäden sind weitaus größer. Ich habe es nicht mehr geschafft, mir andere Orte anzusehen.

 

Ich habe versucht, mich kurz zu halten, aber es ist schwer. Ich bin froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin. Trotz allem Elend oder vielleicht deshalb waren die Menschen sehr dankbar für jede Hilfe und jedes Gespräch und hatten auch noch Humor. Wir waren ein super Helferteam. Da ich in der ersten Woche von morgens bis abends im Zelt im Einsatz war, lernte ich viele interessante Menschen kennen. Manche kamen alle 2 bis 3 Tage zwischen 50 und 80 Kilometer, um zu helfen. Der Einsatz hat mich ein wenig geerdet.

 

Die Spenden habe ich wie folgt aufgeteilt:

-Ein Teil an eine Helferin, sie und ihre Schwester sind selbst betroffen, sie hat auch noch einen Teil der Summe weitergegeben

 -Ein Teil gab ich einer Helferin, die sich intensiv um alte Menschen und die Kinder im gesamten Ahrtal kümmert, Bastel- und andere Freizeitnachmittage veranstaltet und aktuell einen großen Kinderkarneval im Tal vorbereitet, nur aus privaten Spenden. U. a. wurden ganz viele Kostüme gespendet.

-Ein Teil bekam die Seelsorgerin der Carritas zur Verteilung in den anderen Dörfer.

-Einen kleinen Rest gab ich einen Helferin, die auch betroffen ist.

 

Ihr könnt sicher sein, dass ich die Verteilung Eurer Spenden gut überlegt habe.